5 Kinder pro afghanische Frau

 

„Die Angaben, dass Ihre Mutter nur zwei Geschwister hätte […] und Ihr verschollener Vater […] ein Einzelkind wäre, ist unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Geburtenrate von mehr als fünf Kindern pro afghanischer Frau, und dies selbst noch im Jahre 2013 (CIA factbook Afghanistan) zumindest auffallend. Es steht daher die Möglichkeit einer bewusst verzerrten Darstellung der sozial/familiären Einbettung zum Zwecke einer erfolgsversprechenderen Asylgewährung deutlich im Raum.“

Dies ist eine Unterstellung. Genauso könnte man argumentieren, dass eine österreischische Familie mit mehr als 1.8 Kindern die sozial/familiäre Einbettung zum Zwecke einer erhöhten Kinderbeihilfe bewusst verzerre. Der/die Referent/in hat außer der reinen Statistik keine Anhaltspunkte dafür, dass der Asylwerber nicht aus einer Kleinfamilie stammt.

Alltag

 

Beschreiben Sie mir Ihren Alltag zuletzt im Heimatland?“

Diese Frage wurde dem Asylwerber gleich nach den Schilderungen der Misshandlungen und Drohungen der Taliban gestellt. Der Asylwerber hat  den Ablauf eines typischen Tags beschrieben.

In der Beweiswürdigung liest man dann:

„Bemerkenswert ist, dass Sie von diesem behaupteten Erlebnis mit Mitgliedern der Taliban nichts an Ihrem Verhalten im Alltagsleben verändert haben und auch Ihre Schilderung Ihres Alltags zuletzt im Heimatdorf auch nur ansatzweise eine persönliche Bedrohung- oder Gefährdungslage Ihrer Person erkennen lässt.“

Und weiter

„Bezüglich Ihres Alltags korrigierten Sie sich noch einige Sätze später und führten dann völlig abweichend aus, dass Sie sich die letzten vier Tage  vor Ihrer Ausreise nur mehr im Haus versteckt hielten und dann mit Ihren Angehörigen ausgereist waren.“

Der Referent verlangt also vom Asylwerber, dass er seinen „Alltag“ – und nicht den Ausnahmezustand der letzten Tage vor seiner Flucht – schildert, wirft ihm dann der Unglabwürdigkeit vor, weil er eben den Alltag und nichtdie Ereignisse mit den Taliban beschriebt. Als der Asylwerber dann erklärt, dass seine letzen Tage in Afghanistan aufgrund der Bedrohung völlig anders als der Alltag abliefern, wirft ihm der Referent vor, seine Aussage sei vom Thema „völlig abweichend“, was natürlich die behauptete Unglaubwürdigkeit weiter erhöht.

Autofahrende Mütter in Afghanistan!

 

Unglaubwürdigkeiten zu finden bzw. – viel öfter – zu konstruieren ist oft die einzige Möglichkeit für die unter Druck stehenden Beamten des BFA der Order Afghanen negativ zu bescheiden nachkommen zu können. Das ist aber keine leichte Aufgabe, wenn trotz geschickter Verhörtechnik dem Asylwerber keine „Fehler“ passieren….Die Feststellungen dazu sind daher immer mehr an den Haaren herbeigezogen oder werden krampfhaft konstruiert…..

„Völlig vage erzählten Sie, das man nur Sie aus dem Auto geholt hätte. Ist Ihre Mutter dann weitergefahren? In Afghanistan eher nicht vorstellbar, dass Frauen auf dem Land Auto fahren. „

In der Einvernahme erzählte der Asylwerber, dass er für die Mutter Medikamente holen musste und deshalb mit dem Auto unterwegs war. Völlig unverständlich, warum der Beamte die Mutter ins Auto setzt, die natürlich nicht dabei war bei der gefährlichen Fahrt.

Aber es geht ja nicht um die Glaubwürdigkeit des Beamten…..

Apodiktische Sicherheit

 

Der Asylwerber hat lediglich angegeben keine Verwandte in Afghanistan zu haben bzw. zu kennen, da die Eltern vor seiner Geburt aus Afghanistan geflohen sind.

Auch wenn nicht mit apodiktischer Sicherheit festzustellen war, dass Sie tatsächlich über Netzwerke in Afghanistan und insbesondere in Kabul verfügen, so kann aufgrund der festgestellten Tatsache, dass Sie als Person absolut unglaubwürdig sind, mit gutem Grund davon ausgegangen werden, dass Sie zumindest in Afghanistan, vielleicht sogar in Kabul über Netzwerke verfügen, umso mehr Sie andernfalls ja keine konstruierten Angaben in Bezug auf Ihre persönlichen Lebensumstände und die Verwandtschaftsverhältnisse offensichtlich bloß in den Raum gestellt hätten.  Konsequenter Weise und im Sinne eines fairen Asylsystems, in dem sämtliche Asylwerber unter gleichen Voraussetzungen auch mit dem selben Ergebnis rechnen dürfen, kann demnach aus Ihrem bloß vorgetäuschten Familienverhältnissen auch kein Vorteil für Sie entstehen.

Übersetzung:

  • Wir haben keine Ahnung ob sie Verwandte in Afghanistan haben oder nicht.
  • Aber weil Sie unglaubwürdig sind, kann davon ausgegangen werden, dass Sie Familie in Afghanistan, vielleicht sogar in Kabul haben.
  • Denn wenn sie keine Familie in Kabul hätten, dann hätten Sie uns ja keine Lügengeschichten über Familienverhältnisse offensichtlich bloß in den Raum gestellt. (Den Teil versteh ich nicht so ganz, ich glaub da ist der Beamte a bisserl gestolpert. Vielleicht meint er “ Weil Sie ein Lügner sind, glauben wir nicht, dass Sie keine Familie in Kabul haben, und wir wissen, dass Sie ein Lügner sind, weil Sie behaupten, keine Familie in Kabul zu haben.“)
  • Weil wir hier ein faires System fahren, und sie gesagt haben, dass Sie keine Familie in Afghanistan/Kabul haben, kriegen sie ein Njet

Cool oder?

Romeo und Julia

 

Die klassische Bildung des Beamten scheint noch nicht ganz abgeschlossen zu sein. Hätte er Faust gelesen, wo Gretchen ihr Kind umbringt, oder Romeo und Julia, hätte er folgenden Satz wohl nicht geschrieben:

Da sowohl Sie als auch Ihre behauptete Ehegattin, mit Sicherheit von den Strafen welche eine solche Beziehung nach sich ziehen würde, gewusst haben, ist auch eine solche Beziehung ohne Einverständnis der Eltern nur schwer vorstellbar.“

Die vollen Gefängnisse zeugen weltweit dafür, dass das Wissen über eine Strafe nicht unbedingt von der Durchführung der Tat abhält.

 

Formulieren „leicht gemacht“

 

Theoretisch behandelt das BFA jeden Asylantrag als Einzelfall und begründet einen negativen Bescheid unter Berücksichtigung der einzelnen Umstände. In der Tat jedoch kommt es immer wieder zur Verwendung von sogenannten „Textbausteine“, wo ein Referent Zeilen, oder sogar ganze Paragraphen aus anderen negativen Bescheiden anwendet.  Folgender Textbaustein ist ein absoluter Liebling der Beamten und wird sogar in den Bescheiden von Konvertiten angewendet. Er passt einfach immer!

„Zu bemerken ist übrigens weiters, dass die islamische Glaubensgemeinschaft in aller Welt grundsätzlich bestrebt ist, Schutz- und Unterkunftssuchende zu beherbergen, was auch für Afghanistan Gültigkeit hat. Da sich praktisch der gesamte afghanische Staat – sowohl Befürworter als auch Gegner der derzeitigen Regierung – über islamische Traditionen und Regel definiert, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Schutzsuchende, sofern sie den Wunsch auf Unterstützung in Moscheen und anderen islamischen Einrichtungen entsprechend formulieren, auch Gehör und Hilfe bei der Neu- oder Wiederansiedlung in Kabul erfahren. Es kann somit selbst dann, wenn Sie über keine Netzwerke in Afghanistan verfügen sollten, nicht erkannt werden, dass Sie in Kabul schutz- und hilflos wären, sodass die IFA in Kabul als nicht zumutbar und somit als nicht tauglich festgestellt werden müsste.“

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit finden alle – inklusive Befürworter und Gegner der derzeitigen Regierung – Schutz, Unterkunft und Hilfe durch die Moschee.

 

 

 

Wie bitte?

 

 

„Als Ihnen seitens der Behörde vorgehalten wurde, dass Sie mit diesem Vorbringen nicht der erste Fall sind, haben Sie keine plausible Antwort gegeben, sondern versuchten sich Zeit [zu] verschaffen, indem Sie sich
den Vorhalt nochmals anhören ließen und brachten aber selbst danach, keine Entkräftung dieses Vorhalts vor(siehe EV Seite 12), was die Behörde zu der Erkenntnis kommen lässt, nicht so falsch mit dieser Beurteilung zu liegen, da eine Person welche diesen Fluchtgrund tatsächlich hat, vielmehr dem Vorhalt widersprechen würde, was Sie aber gänzlich unterließen.“

Nach dieser Logik dürften keine zwei Rohingya den selben Fluchtgrund angeben. Be dem Vorwurf, meine Aussage könne nicht war sein, weil ein anderer schon denselben Fluchtgrund hatte, hätte ich auch um eine Wiederholung der Frage gebeten.

Eine starke Bindung

 

Also was war jetzt die starke Bindung zum Heimatstaat nochmal?

Sie verfügen über starke Bindungen zum Herkunftsstaat: Sie sind in Afghanistan geboren und haben dort ihre ersten beiden Lebensjahre verbracht.“

Die mehr als zwei jahre, die der Asylwerber in Österreich verbracht hat, reichen hingegen nicht aus, um irgendeine Bindung zu erwirken.