Nepp vs. Mayrwöger

Ein Bericht über eine sinnlose, kostspielige Odyssee und das Recht auf freie Meinungsäußerung!

Ein Tweet unserer Obfrau Andrea Mayrwöger Anfang Mai 2020  sorgte bei dem damaligen Vizebürgermeister von Wien, Dominik Nepp, für Aufregung und einen Antrag auf Entschädigung.

In einer Presseaussendung zur Ausbreitung des Coronavirus in Wien erklärte Nepp wortwörtlich: „Man muss daher zum jetzigen Zeitpunkt in der Bundeshauptstadt fast schon von einem Asylantenvirus sprechen.“
Andrea Mayrwöger retweetete daraufhin einen Tweet von Meri Disoski (Abgeordnete zum Nationalrat), in dem Disoski die Aussage von Nepp als „widerlichsten rassistischen Müll“ bezeichnete und weiters die  Prüfung auf §283 StGB Verhetzung forderte.
Mayrwöger fügte beim Retweeten den Kommentar: „Man solls nicht glauben, was Dominik Nepp immer wieder von sich gibt. Ich wiederhole es gerne noch 1000 Mal: Das ist Rassismus und Verhetzung!“ hinzu.

Wenige Tage später brachte der Anwalt von Dominik Nepp dann wegen §7b MedienG folgende Anträge am Landesgericht Linz gegen unsere Obfrau ein:

  • Selbständiger Antrag auf Entschädigung (Streitwert 8.720 Euro)
  • Antrag auf Urteilsveröffentlichung
  • Antrag auf Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung
  • Antrag auf Ersatz der Kosten des Verfahrens

Für Andrea Mayrwöger war klar, dass die getätigte Aussage keine Vorverurteilung, sondern eine Äußerung ihrer privaten Meinung war, die diese jedenfalls moralisch verwerfliche Aussage von Dominik Nepp bewerten sollte.

Deshalb wandten wir uns an Prof. Dr. Georg Zanger, um seine Einschätzung zu erhalten. Prof. Dr. Zanger sah sich die Sache an und erkannte umgehend, dass es sich hier um einen Angriff auf die freie Meinungsäußerung handelte. Er übernahm die rechtliche Vertretung und fertigte sofort einen Schriftsatz an. 

Noch bevor dieser Schriftsatz eingebracht werden konnte, kam vom Landesgericht Linz ein Beschluss, der besagte, dass dem Antrag auf Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung stattgegeben wurde. Auf dem Twitteraccount von Andrea Mayrwöger musste folgende Mitteilung veröffentlichen werden: 

„Im Twitter-Account von Andrea MAYRWÖGER wurde am 04. Mai 2020 ein Text veröffentlicht, in dem Dominik NEPP u.a. „Verhetzung“ vorgeworfen wird. Dominik NEPP hat wegen dieses Artikels beim Landesgericht Linz den selbständigen Antrag auf Entschädigung nach § 7b MedienG („Schutz der Unschuldsvermutung“) gestellt. Ein gerichtliches Verfahren ist anhängig.“

Hiergegen legte Prof. Dr. Zanger Beschwerde ein.

Am 15.06.2020 erreichte Andrea Mayrwöger dann ein neuerlicher Antrag der Gegenpartei: „Antrag auf Durchsetzung der Anordnung der Veröffentlichung“. Hr. Nepp kritisierte, dass Andrea Mayrwöger die geforderte Mitteilung nicht umgehend tweetete. Gefordert wurden jedenfalls 1000 Euro Entschädigung PRO TAG! Wenn man dazu den Streitwert der ursprünglichen Entschädigung zählt, dann kommt man da auf knapp 20.000 Euro, die Hr. Nepp als gesamte Entschädigung forderte.

Mitte Juli kam dann vom Oberlandesgericht die Entscheidung über die, von Prof. Dr. Zanger verfasste Beschwerde betreffend die Veröffentlichung der geforderten Mitteilung auf Twitter. Mit Beschluss entschied das Oberlandesgericht Linz zugunsten unserer Obfrau: „Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Antrag auf Anordnung der Veröffentlichung einer Mitteilung über das eingeleitete Verfahren abgewiesen“.

Ein Meilenstein in diesem Verfahren, da das Oberlandesgericht begründete:

Es ist nach dem bisherigen Akteninhalt anzunehmen, dass der Medienkonsument des Twitter- Accounts der Antragsgegnerin, der überwiegend politisch interessiert ist, den Kommentar der Antragstellerin als ihre persönliche Meinung und Einschätzung zu dem berichteten Sachverhalt versteht. Damit geht der inkriminierte Bericht aber nicht über die (bloße) Beschreibung eines Verdachts, dass der Antragsteller eine strafbare Handlung begangen habe, hinaus. Dies bedeutet, dass (iSd § 8a Abs 5 MedienG) nicht anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines auf § 7b MedienG basierenden Anspruchs vorlägen.

Da die dargestellte Meinung jedenfalls von Artikel 10 EMRK gedeckt ist, war spruchgemäß zu

entscheiden.“

Das Oberlandesgericht Linz hat in diesem Fall Artikel 10 EMRK verteidigt. Das Recht auf freie Meinungsäußerung!

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten Hr. Nepp und sein Anwalt die übrigen Anträge, über die das Landesgericht noch nicht entschieden hatte, mangels Aussicht auf Erfolg, zurückziehen müssen. Am 01.12.2020 hätte nun am Landesgericht Linz die Hauptverhandlung über die übrigen Anträge stattfinden müssen. Die Ladung wurde am 28.09.2020 ausgeschickt. Nach langer Bedenkzeit zog Hr. Nepp alle Anträge am 09.11.2020 zurück.

Hr. Nepp oder die FPÖ werden die angefallenen Kosten nun tragen müssen. Einmal mehr wurde ein Angriff eines FPÖ-Funktionärs auf die freie Meinungsäußerung erfolgreich bekämpft.


 

Kommentare sind geschlossen.