Best-Of Mahringer

Es gibt so viele Einträge in dem Literaturverzeichnis des Gutachtens, die nicht nur irrelevant sind, sondern auch geradezu bizarr wirken. Hier meine Liste der ärgsten „Ausrutscher“ des Herrn Mahringer.

Das jüngste Werk seiner Literaturliste ist „Traumsammler“ von Hosseini, K., ein belletristisches Werk aus dem Jahr 2014. Es zeigt exemplarisch, wie Herr Mahringer die Liste der Literatur so lang wie möglich macht, um eine fundierte Kenntnis der Materie vorzutäuschen.

Dass solche Werke für ein Gutachten von keiner Relevanz sind, steht wohl außer Frage.

Das älteste Werk ist übrigens aus dem Jahr 1842An Account of the Kingdom of Cabul“ von Elphinstone, Monstuart.  Herr Mahringer gibt eine Ausgabe des Jahres 1969 an, allerdings ohne der gängigen wissenschaftlichen Praxis zu folgen, auch auf das ursprüngliche Erscheinungsdatum hinzuweisen. Mit dieser Methode lässt Herr Mahringer recht viele seiner „Quellen“ etwas weniger veraltet erscheinen, als sie es in Wirklichkeit sind.


Ähnlich verfährt Herr Mahringer bei einem meiner Lieblingseinträge vor. Lady Florentia Sales, „Disasters in Afghanistan“ eine Beschreibung über den Anglo-Afghanischen Krieg aus dem Jahr 1843. Hier finden wir im Literaturverzeichnis das Jahr 1985. Eine Ausgabe aus dem Jahr 1985 konnte allerdings nicht gefunden werden, das Original aus dem Jahr 1843 schon. 

Wir haben mit Im wilden Afghanistan ein Buch aus dem Jahr 1923, dass den Titel sogar in Fraktur gesetzt hat! Aber alt ist ja nicht unbedingt schlecht, oder? Ob das Werk allerdings irgendeine Relevanz für die Feststellung der aktuellen Lage in Afghanistan hat, muss doch in Zweifel gezogen werden.
Dennoch Chapeau Herr Mahringer, ich bewundere die Chuzpe.

Dass Romane, Thriller, Ausstellungskataloge, Hörbücher, Reiseführer, Touristenbroschüren usw. für ein Gerichtsgutachten nicht als Basis der Untersuchung herangezogen werden sollen, sollte jedem vernunftbegabten Menschen wohl klar sein. Dass die Verwendung solcher Materialien eine gänzlich unwissenschaftliche Vorgehensweise darstellt ist ebenso offensichtlich. Wenn solche Materialien aber in einem Gutachten verwendet werden, das als Grundlage für richterliche Entscheidungen bzgl. Abschiebungen dient, muss man sich fragen, warum die Unwissenschaftlichkeit von Herrn Mahringers Vorgehensweise seinen Auftraggebern nicht aufgefallen ist. 

Das Literaturverzeichnis dreht sich inhaltlich um die Region Afghanistan. Herr Mahringer hat scheinbar Werke in die Liste aufgenommen, die sich irgendwie mitAfghanistan und Umgebung“ befassen, egal ob sie für die Erstellung des Gutachtens verwendet wurden oder nicht. Bei einigen dieser Werke wundert man sich sehr, warum sie überhaupt aufgenommen wurden und welche Relevanz sie haben. Exemplarisch sei nur sein ironischer Beitrag:  „Rumi – Worte der Weisheit – Erkenntnis durch Liebe” genannt.

Ein großer Teil der Literaturangaben befasst sich mit historischen und politischen Büchern über die Situation in Afghanistan. Zum Verständnis der Situation ist ein solches Hintergrundwissen selbstverständlich nötig. Eine Literaturliste sollte sich aber auf jene Werke beschränken, die maßgeblich zur Verfassung des Gutachtens gedient haben bzw. zitiert wurden. „The Making of a Frontieraus dem Jahr 1899 [sic!], oder „Al Qaeda“ aus dem Jahr 2004 sollen hier stellvertretend herhalten. Alle Bücher dieser Kategorien sind (stark) veraltet und bieten damit keine Basis für eine objektive Beurteilung der aktuellen Situation in Afghanistan. Wo oder wie sie im Gutachten Verwundung gefunden haben bleibt auf jeden Fall rätselhaft.

Insgesamt kommt das Wort „Frau“ im Gutachten vier Mal vor. Der Auftrag des Gutachtens geht in keiner Weise auf die Situation der Frauen in Afghanistan ein. Das Gutachten versucht auch erst gar nicht die besonderen Gefahren für Rückkehrerinnen aufzuzeigen. Umso überraschender ist es, dass in der Literaturliste die namhafte amerikanische Wissenschaftlerin Nancy Dupree 6 Mal vorkommt. Herr Mahringer verweist lediglich auf ihre Veröffentlichungen im Bereich der historischen Schriften aus den 70er Jahren. Nancy Dupree hat in den 80er Jahren aber auch einige Schriften zum Themengebiet der Frauen in Afghanistan veröffentlicht. Auch wenn diese Schriften nicht mehr aktuell sind, so ist das Fehlen in der Literaturliste doch auffallend.

Einige der angeführten Studien kommen von der „Afghan Research and Evaluation Unit“ Website. Diese unabhängige Organisation versucht durch wissenschaftliche Studien eine fundierte Basis für Politik und  Praktiken im Land zu liefern. Allerdings enthält die Literaturliste lediglich alte Publikationen (jüngste Studie ist aus dem Jahr 2009) dieser Organisation.  Auch hier wird der Anschein erweckt, dass relevante, aktuelle Quellen absichtlich nicht inkludiert wurden, weil sie einer optimistischen Darstellung der Zustände in Afghanistan widersprechen könnten. Dass dies kein wissenschaftlich vertretbarer Vorgang ist, liegt wohl auf der Hand.

Ob der Bericht der kaiserlichen Mission nach Afghanistan im den Jahren 1815 – 1816 „Von Kabul nach Shanghai“ im Gutachten verwendet wurde ist (hoffentlich) zu bezweifeln. Ebenso sollte der Bericht der österreichischen Expedition in den Hindukush 1970 im Gutachten eigentlich keinen Platz finden. Ein 45 Jahre alter „Historical Guide to Kabul“ ist genauso vorhanden wie das Buch „Magic Bus„, das die Reiserouten der Hippies in den 60ern zurück zeichnet.

Mit „Alle Wege sind offen“ finden wir einen Reisebericht einer Autofahrt zweier Schweizer Journalistinnen nach Afghanistan aus den 30ern. Natürlich darf ein Lonely Planet Reiseführer „Afghanistan“ genauso wenig fehlen wie ein Reiseführer „Central Asia„.  Diese Bücher haben für das Gutachten absolut keine Relevanz. Sie aber dennoch im Verzeichnis aufzunehmen  zeigt von einer gewissen Kaltschnäuzigkeit. Übrigens, der Bericht der österreichischen Hindukusch Expedition 1970 ist natürlich auch vertreten.

Das Bücherregal des Herrn Mahringer scheint aber für „Allerlei aus der Gegend“ hergehalten zu haben. Hauptsache es geht irgendwie um die „Gegend rund um Afghanistan“. So kommt Egon Erwin Kisch kommt schon 1932 zur Feststellung, dass sich Asien gründlich verändert hat“. Wir bekommen aber neben einem Buch über afghanische Teppiche  auch etwas über Gemstones of Afghanistan präsentiert. Ebenso finden wir einen Museumskatalog des British Museum „Afghanistan Crossroads of the ancient world„, einen fotografischen Bildband über Afghanistan, der sicherlich recht hübsche Bilder aufweist und noch allerlei weitere Schmankerln.

Mit „Mein Leben eine Dienstreise“ liefert uns Herr Mahringer ein sehr interessantes Werk. Der Autor, Werner Otto von Hentig, war ein Beamter im deutschen Außenamt während der Nationalsozialisten und Kritiker des NS-Regimes, der sich wiederholt dafür eingesetzt hat, das Leben Tausender seiner jüdischen Mitbürger zu retten. Laut Wikipedia: “Er berichtete im Sommer 1942 von der Aufdeckung von meist wohl jüdischen Massengräbern auf der Krim und kritisierte als einziger VAA die Ermordung Hunderttausender Juden im Einsatzgebiet“.

Hentig war also ein Beamter, der sich der Wahrheit und der Menschlichkeit mehr verpflichtet fühlte als den Wünschen des Staates, dem er diente. Schade, dass Herr Mahringer sich bei der Erstellung seines Gutachtens kein Beispiel an ihm genommen hat.

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