Wie alt sind Sie?

 

„…. Auch die Tatsache, dass Sie bei der polizeilichen Erstbefragung angaben, am 1.1.1992 geboren worden zu seien, und nicht das Geburtsdatum, welches auf Ihrem Reisepass festgehalten ist, angegeben haben, bringt deutlich zum Ausdruck, dass Sie der Behörde etwas verheimlichen wollen, andernfalls hätten Sie …. dieses Geburtsdatum angegeben.“

Bei der Erstbefragung wurde der Asylwerber lediglich gefragt, wie alt er sei und daraufhin wurde der 1.1.1992 als Geburtsdatum eingetragen. Das ist  gängiger Usus bei Afghanen, allerdings in diesem Fall wohl klar ein Ermittlungsfehler der Behörden und keinesfalls dem Asylwerber anzukreiden.

Oder hätte er diese Frage in Jahren, Tagen, Stunden, Minuten usw. beantworten sollen?

 

Autofahrende Mütter in Afghanistan!

 

Unglaubwürdigkeiten zu finden bzw. – viel öfter – zu konstruieren ist oft die einzige Möglichkeit für die unter Druck stehenden Beamten des BFA der Order Afghanen negativ zu bescheiden nachkommen zu können. Das ist aber keine leichte Aufgabe, wenn trotz geschickter Verhörtechnik dem Asylwerber keine „Fehler“ passieren….Die Feststellungen dazu sind daher immer mehr an den Haaren herbeigezogen oder werden krampfhaft konstruiert…..

„Völlig vage erzählten Sie, das man nur Sie aus dem Auto geholt hätte. Ist Ihre Mutter dann weitergefahren? In Afghanistan eher nicht vorstellbar, dass Frauen auf dem Land Auto fahren. „

In der Einvernahme erzählte der Asylwerber, dass er für die Mutter Medikamente holen musste und deshalb mit dem Auto unterwegs war. Völlig unverständlich, warum der Beamte die Mutter ins Auto setzt, die natürlich nicht dabei war bei der gefährlichen Fahrt.

Aber es geht ja nicht um die Glaubwürdigkeit des Beamten…..

Deutschkenntnisse als Qualifikation am Arbeitsmarkt in Afghanistan!

 

Polyglott in Kabul II

„Darüber hinaus konnten Sie sich während Ihres Aufenthaltes in Österreich auch Kenntnisse der deutschen Sprache aneignen, was Ihnen als zusätzliche Qualifikation zugutekommt.“

Richtig – ein Textbaustein, den wir hier schon kennen!!

Der Asylwerber spricht tatsächlich schon erstaunlich gut Deutsch und bringt bei seiner Einvernahme nach nur 1  1/2 Jahren in Österreich auch ein ÖSD B1 Diplom in Vorlage.

An 3 anderen Stellen des Bescheides relativiert sich die Anerkennung der Deutschkenntnisse dann aber wieder:

„mittelmäßige Deutschkenntnisse“, „deutsche Sprache auf niedrigem Niveau“, ja sogar  „Sie sprechen kaum Deutsch“ finden sich innerhalb von 3 Seiten!

Also was jetzt….?

Wann ist denn etwas glaubhaft?

 

Eine zentrale Frage in den meisten Asylverfahren.

Unzweifelhaft waren Ihre diesbezüglichen Behauptungen glaubhaft, zumal sämtliche Ihrer Angaben dazu keinerlei Vorteil für Sie erbringen.“

Umgekehrt allerdings…….eh schon wissen…..

 

Fallverwechslung? Irren ist menschlich, auch bei BFA Beamten!

 

Wer hätte nicht gerne auch so einen Onkel?

„Sie verfügen auch weiterhin über familiäre Bindungen in Afghanistan in Gestalt Ihrer Mutter, Ihrer Frau, Ihrer Tochter sowie Ihres Onkels und dessen Familie. Die finanzielle Situation bezeichnen Sie zwar als eine schlechte, geben aber an, dass Ihre Familie über Grundbesitz verfügen würde und Ihr Onkel Ihre Mutter, Ihre Frau und Ihre Tochter unterstützen würde.Es ist der Behörde nicht ersichtlich, wieso Ihr Onkel nicht auch Sie, zumindest in der ersten Zeit nach Ihrer Rückkehr, finanziell unterstützen könnte. diese Unterstützung kann durchaus auch über Bankverbindungen von Ghazni aus erfolgen.“

Ein Textbaustein aus einem anderen negativen Bescheid soll helfen,  disen negativen Bescheid zu rechtfertigen. Nur handelt es sich bei diesem Asylwerber um einen ledigen Mann, der weder Frau noch Tochter hat. Es wurde auch nie ein Onkel erwähnt.  Aber der Asylwerber kommt immerhin aus Ghazni, die finanzielle Situation ist schlecht und sein Vater hätte einen kleinen Grundbesitz, wenn dieser nicht in den Händen der Taliban wäre. Da soll man nicht kleinlich sein….

 

Formulieren „leicht gemacht“

 

Theoretisch behandelt das BFA jeden Asylantrag als Einzelfall und begründet einen negativen Bescheid unter Berücksichtigung der einzelnen Umstände. In der Tat jedoch kommt es immer wieder zur Verwendung von sogenannten „Textbausteine“, wo ein Referent Zeilen, oder sogar ganze Paragraphen aus anderen negativen Bescheiden anwendet.  Folgender Textbaustein ist ein absoluter Liebling der Beamten und wird sogar in den Bescheiden von Konvertiten angewendet. Er passt einfach immer!

„Zu bemerken ist übrigens weiters, dass die islamische Glaubensgemeinschaft in aller Welt grundsätzlich bestrebt ist, Schutz- und Unterkunftssuchende zu beherbergen, was auch für Afghanistan Gültigkeit hat. Da sich praktisch der gesamte afghanische Staat – sowohl Befürworter als auch Gegner der derzeitigen Regierung – über islamische Traditionen und Regel definiert, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Schutzsuchende, sofern sie den Wunsch auf Unterstützung in Moscheen und anderen islamischen Einrichtungen entsprechend formulieren, auch Gehör und Hilfe bei der Neu- oder Wiederansiedlung in Kabul erfahren. Es kann somit selbst dann, wenn Sie über keine Netzwerke in Afghanistan verfügen sollten, nicht erkannt werden, dass Sie in Kabul schutz- und hilflos wären, sodass die IFA in Kabul als nicht zumutbar und somit als nicht tauglich festgestellt werden müsste.“

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit finden alle – inklusive Befürworter und Gegner der derzeitigen Regierung – Schutz, Unterkunft und Hilfe durch die Moschee.

 

 

 

Keine Sorge – familiäres Auffangbecken für alle Volksgruppen vorhanden!

 

In drei uns vorliegenden Bescheiden fand sich fast wortgleich folgender Absatz (inklusive Rechtschreibfehler). Die Volksgruppe wurde nach Bedarf angepasst. Wir sehen also, die Einzelfallprüfung funktioniert einwandfrei.

„Auch wenn in Ihrem Fall und in Zusammenhang mit Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit nicht eine Art Ehrenkodex wie bei den Paschtunen festzustellen ist, der die Übernahme einer sowohl ideellen als auch physischen Schutzfunktion der Familie, des Stammes, der Nation und der Ehre vorsieht, so liegt es dennoch im grundlegendsten Interesse sämtlicher in Afghanistan existierenden Volksgruppen, unter die auch die der Hazara/Qizilbasch [hier lässt sich anscheinend jede beliebige Volksgruppe einsetzen]  fällt, Ihre Mitglieder zu schützen und selbstverständlich auch im Falle der Rückkehr zu unterstützen. Es ist deshalb schon von vorneherein in Ihrem Fall davon auszugehen ist, dass Sie mit einer Rückkehr nach Afghanistan in Kabul nicht vor eine unzumutbare Situation gestellt würden, umso mehr Sie im „Auffangbecken“ der Volksgruppe landend entsprechende Unterstützung erwarten dürfen. Die zu erwartende Unterstützung durch die in Kabul ansässigen Führungspersönlichkeiten der Hazara/Qizilbasch  [hier auch beliebig einsetzbar] und der existierenden Stammes- und Volksgruppenstrukturen ist mit dem familiären Netzwerk in seinem klassischen Sinn mehr als zu vergleichen und lässt sich demnach auch daraus ableiten, dass Sie selbst dann, wenn Sie tatsächlich keine (nahen) Verwandten in Afghanistan haben sollten, nicht vor eine ausweglose Lage im Falle der Rückkehr gestellt wären.“

UNHCR „verdrehen“

 

Erwähne UNHCR und konstruiere komplizierte Schachtelsätze – deine Kollegen am BFA werden es begeistert kopieren und in ihre Bescheide einfügen – egal ob es zum Fall passt! In 2 Bescheiden von allein geflüchteten Männern – davon nur einer ein Hazara… – gefunden

Wie sich den Anmerkungen von UNHCR auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Inneren aus Dezember 2016 zur Situation in Afghanistan entnehmen lässt, sind es ausschließlich Familien, die der ethnischen Gruppe der Hazara angehören und die aufgrund ihrer ethnischen bzw. Stammeszugehörigkeit und der damit oft verbundenen Unterstützung in Bamiyan Zuflucht finden konnten. Schon aus dieser Anmerkung von UNHCR wird klar ersichtlich, dass in Afghanistan sehr wohl Loyalität und Unterstützungswille innerhalb der ethnischen Gruppen existiert, demnach auch eine ausweglose und unzumutbar Lage im Falle Ihrer Rückkehr nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, umso mehr auch Sie mit dieser Loyalität rechnen dürfen.

 

Christen sollen heimlich beten…

 

Der Beamte hat wohl kurz die Gnfer Flüchtlingskonvention vergessen….das Recht auf Ausübung der Religion ist dort verankert….

„Wenn sie nach Afghanistan zurückkehren würden, würde niemand wissen, dass Sie tatsächlich Christ geworden sind. Sie könnte in Afghanistan Ihren neu erworbenen Glauben auch ausüben, auch wenn das im Geheimen stattfinden würde. Niemand würde wissen, dass Sie Christ geworden sind und Ihren Glauben änderten. Sie könnten sich z.B. in Kabul eine Existenz aufbauen und dort Ihr Leben finanzieren. Hierzu wäre zu sagen, dass es in Afghanistan kein Meldewesen gibt und dass Sie von niemanden gefunden werden.“

„Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber konvertierten  Christen ist ablehnend. Zu einer Strafverfolgungs- und Strafzuermessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel schon deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen (AA 9.2016). Bis dato wurde noch niemand aufgrund von Konversion hingerichtet.“

Leseempfehlung – Weltverfolgungsindex 2018 für Christen:

www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2018/afghanistan