Deutschkenntnisse als Qualifikation am Arbeitsmarkt in Afghanistan!

 

Polyglott in Kabul II

„Darüber hinaus konnten Sie sich während Ihres Aufenthaltes in Österreich auch Kenntnisse der deutschen Sprache aneignen, was Ihnen als zusätzliche Qualifikation zugutekommt.“

Richtig – ein Textbaustein, den wir hier schon kennen!!

Der Asylwerber spricht tatsächlich schon erstaunlich gut Deutsch und bringt bei seiner Einvernahme nach nur 1  1/2 Jahren in Österreich auch ein ÖSD B1 Diplom in Vorlage.

An 3 anderen Stellen des Bescheides relativiert sich die Anerkennung der Deutschkenntnisse dann aber wieder:

„mittelmäßige Deutschkenntnisse“, „deutsche Sprache auf niedrigem Niveau“, ja sogar  „Sie sprechen kaum Deutsch“ finden sich innerhalb von 3 Seiten!

Also was jetzt….?

Imaginäre Familie

 

Aus dem Bescheid eines 1999 geborenen Schülers:

Ihre Frau und Ihre Kinder sind seit dem 27.09.2015 […] aufhältig.“
Richtigerweise kann es sich nur um die Eltern und die Geschwister des 1999 geborenen Schülers handeln, da er selbst nicht verheiratet ist.

„Sie selbst haben angegeben, dass sie Ihre Eltern früh verloren haben, deshalb hätten Sie auch keine Schule besucht dabei war es Ihnen ebenfalls möglich die Grundbedürfnisse durch Ihre Arbeit, sogar als Jugendlicher, zu decken. Auch In weitere Folge war es Ihnen  nach traditioneller Eheschließung möglich, für Ihre Frau und Ihre sechs Kinder  zu sorgen. Sie sind volljährig, verfügen über mehrjährige Arbeitserfahrung und haben durch diese Ihre Familie und sich selbst versorgt.“

Hier wird offensichtlich ein (sehr unpassender)Textbaustein aus einem anderen Bescheid verwendet, um die Abscheibung des Aslywerbers zu rechtfertigen.

Progressiv

 

Aus dem negativen Bescheid einer jungen verheirateten Frau:

„In Ihrem Fall wurde keinem Ihrer Familienangehörigen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, sodass auch eine Schutzgewährung aus Gründen des Familienverfahrens nicht in Betracht kam. Ihre Ehefrau hat eigene Fluchtgründe angeführt.“

Hier sind Textbausteine am Werk. Um einen negativen Bescheid zu rechtfertigen, wird kurzerhand aus dem negativen Bescheid eines anderen Asylwerbers Text übernommen.

: „Ja, mein Mann heißt XX, er ist am …… geboren. Befragt gebe ich an, dass ich XX vor knapp …… Jahren in YY nach islamischen Recht geheiratet habe.“
Antwort auf die Frage beim Interview nach dem Familienstand, wann und wo sie geheiratet hat und ob die die Eheschließung traditionell und/oder standesamtlich war. Der Referent hatte also die Information, dass die Frau nicht mit einer Frau verheiratet war, aber er hat übersehen, dass sein Textbaustein nicht zum gegenwärtigen Fall passt.

 

Einfach falsch!

 

Immer wieder kommt es zu Unachtsamkeiten und Verwechslungen:

Frage: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?
Antwort: Ich bin afghanischer Staatsangehöriger.

Frage: Sind Sie verheiratet?
Im Protokoll: Ja, meine Frau  …. ist am …. geboren und ist noch im Irak.

Anmerkung: Der afghanischer Asylwerber hatte keine Frau in Irak. Die begleitende Vertrauensperson hat beim Interview öfters auf  falsche Textbausteine aufmerksam gemacht …. die dann doch nicht raus-korrigiert wurden.

Formulieren „leicht gemacht“

 

Theoretisch behandelt das BFA jeden Asylantrag als Einzelfall und begründet einen negativen Bescheid unter Berücksichtigung der einzelnen Umstände. In der Tat jedoch kommt es immer wieder zur Verwendung von sogenannten „Textbausteine“, wo ein Referent Zeilen, oder sogar ganze Paragraphen aus anderen negativen Bescheiden anwendet.  Folgender Textbaustein ist ein absoluter Liebling der Beamten und wird sogar in den Bescheiden von Konvertiten angewendet. Er passt einfach immer!

„Zu bemerken ist übrigens weiters, dass die islamische Glaubensgemeinschaft in aller Welt grundsätzlich bestrebt ist, Schutz- und Unterkunftssuchende zu beherbergen, was auch für Afghanistan Gültigkeit hat. Da sich praktisch der gesamte afghanische Staat – sowohl Befürworter als auch Gegner der derzeitigen Regierung – über islamische Traditionen und Regel definiert, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Schutzsuchende, sofern sie den Wunsch auf Unterstützung in Moscheen und anderen islamischen Einrichtungen entsprechend formulieren, auch Gehör und Hilfe bei der Neu- oder Wiederansiedlung in Kabul erfahren. Es kann somit selbst dann, wenn Sie über keine Netzwerke in Afghanistan verfügen sollten, nicht erkannt werden, dass Sie in Kabul schutz- und hilflos wären, sodass die IFA in Kabul als nicht zumutbar und somit als nicht tauglich festgestellt werden müsste.“

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit finden alle – inklusive Befürworter und Gegner der derzeitigen Regierung – Schutz, Unterkunft und Hilfe durch die Moschee.

 

 

 

Keine Sorge – familiäres Auffangbecken für alle Volksgruppen vorhanden!

 

In drei uns vorliegenden Bescheiden fand sich fast wortgleich folgender Absatz (inklusive Rechtschreibfehler). Die Volksgruppe wurde nach Bedarf angepasst. Wir sehen also, die Einzelfallprüfung funktioniert einwandfrei.

„Auch wenn in Ihrem Fall und in Zusammenhang mit Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit nicht eine Art Ehrenkodex wie bei den Paschtunen festzustellen ist, der die Übernahme einer sowohl ideellen als auch physischen Schutzfunktion der Familie, des Stammes, der Nation und der Ehre vorsieht, so liegt es dennoch im grundlegendsten Interesse sämtlicher in Afghanistan existierenden Volksgruppen, unter die auch die der Hazara/Qizilbasch [hier lässt sich anscheinend jede beliebige Volksgruppe einsetzen]  fällt, Ihre Mitglieder zu schützen und selbstverständlich auch im Falle der Rückkehr zu unterstützen. Es ist deshalb schon von vorneherein in Ihrem Fall davon auszugehen ist, dass Sie mit einer Rückkehr nach Afghanistan in Kabul nicht vor eine unzumutbare Situation gestellt würden, umso mehr Sie im „Auffangbecken“ der Volksgruppe landend entsprechende Unterstützung erwarten dürfen. Die zu erwartende Unterstützung durch die in Kabul ansässigen Führungspersönlichkeiten der Hazara/Qizilbasch  [hier auch beliebig einsetzbar] und der existierenden Stammes- und Volksgruppenstrukturen ist mit dem familiären Netzwerk in seinem klassischen Sinn mehr als zu vergleichen und lässt sich demnach auch daraus ableiten, dass Sie selbst dann, wenn Sie tatsächlich keine (nahen) Verwandten in Afghanistan haben sollten, nicht vor eine ausweglose Lage im Falle der Rückkehr gestellt wären.“

Mysteriöse Ehefrau

 

Zu blöd, dass der Asylwerber keine Ehefrau hat oder jemals angegeben hat eine Ehefrau gehabt zu haben.

Ihre Ehefrau hat eigene Fluchtgründe angeführt

Ein Hoppala beim Copy & Paste der Textbaustein halt.

(Zitat Wolfgang Sobotka, parlamentarische Anfragebeantwortung GZ: BMI-LR2220/0768-III/5/2017 vom Nov 2017 „Bei Entscheidungen über freiheitsentziehende Maßnahmen wird aufgrund des Eingriffes in die persönliche Freiheit ein besonders strenges Ausbildungsregime [..] angelegt“)