Der derzeit einzige Gerichtssachverständige für die Fachgruppe Länderkunde-Afghanistan, Mag. Karl Mahringer, hat anfangs 2017 ein folgenschweres Gutachten für den Bundesverwaltungsgericht erstellt.
Der Auftrag des Gutachtens bestand darin, die Versorgungslage in Afghanistan festzustellen, mit besonderem Hinblick auf die Situation von abgeschobenen Asylwerbern. Seitdem wird regelmäßig auf das „Mahringer Gutachten“ in den Entscheiden des BVwG Bezug genommen. Oft wird auf das „Mahringer Gutachten“ verwiesen, um die Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul zu rechtfertigen, obwohl sich die Situation in Afghanistan mehr und mehr verschlechtert.
Das Gutachten ist laut internationalen Meinungen weit weg von jeglicher Realität und widerspricht in vielen Aussagen diametral der gängigen Einschätzung der Lage in Afghanistan. Ein profil Artikel 12.02.2018 spricht dem Gutachten jegliche wissenschaftlichen Anspruch ab und bezeichnet das Gutachten als „Reisebericht“.
Das Gutachten und seine Auswirkungen haben in den vergangenen Monaten sehr viel Staub aufgewirbelt. Im Dezember 2017 wurde sogar eine parlamentarische Anfrage an den Justizminister gerichtet.
Primäres Ziel dieses Projekts ist es, die „wissenschaftliche“ Arbeit des Gutachtens anhand des Literaturverzeichnisses zu beurteilen.
In den 4 1/2 Seiten des Literaturverzeichnisses wird der Eindruck erweckt, dass das Gutachten auf einer fundierten Basis vorhandener Literatur erstellt wurde. Wenn man aber genauer hinsieht, so ergibt sich ein komplett anderes Bild und man muss feststellen, dass die Literaturliste keinen einzigen relevanten Eintrag enthält.
Die gelisteten Werke sind zum einen komplett irrelevant und für eine wissenschaftliche Arbeit gänzlich ungeeignet. So befinden sich Romane, Reiseführer, Museumskataloge, Thriller usw. im Verzeichnis. Zum anderen sind die gelisteten Schriften und Dokumente allesamt stark veraltet, sodass eine Aussage über die aktuelle Situation in Afghanistan mit ihrer Hilfe sicherlich nicht getroffen werden kann.
Dennoch schreibt Herr Mahringer auf Seite 6 des Gutachtens: „Bei der Literaturrecherche wurde auf die umfangreichen Dokumente und Studien der diversen Regierungs- und Nichtregierungsorganisation zurückgegriffen.“ Allerdings ist im Gutachten an keiner Stelle auch nur irgendeine Textstelle mit einer Fußnote versehen oder durch einen Verweis auf die Literaturliste gekennzeichnet. Auf welche umfangreichen Dokumente und Studien er sich in seinem Befund und Gutachten im einzelnen bezieht, ist daher nicht feststellbar. Sollte er sich auf die angegebene Literatur im Anhang 10 beziehen, so muss stark bezweifelt werden, dass sie ihm viel genützt hat.
Die Fragen des BVwGs, nämlich die Feststellung der allgemeinen Lage in Afghanistan und die zu erwartende sozio-ökonomische Situation der Rückkehrer, können mit den angeführten Werken mit Sicherheit nicht beantwortet werden. Sie dienen lediglich dazu, die Literaturliste zu vergrößern, um so den Eindruck einer wissenschaftlich gestützten Arbeit vorzugaukeln. Dass sein Befund und seine Feststellungen irgendeine Relevanz aufweisen, muss stark bezweifelt werden.
Kritik muss aber auch an der Bestellung und Bestätigung des Herrn Mahringer als Sachverständiger für das BVwG geübt werden. Immer wieder gab es Pressestimmen die auf die Mängel des Gutachtens hingewiesen haben. Aber selbst ohne Kenntnis dieser Pressemeldungen wäre die Qualität des Gutachtens in jedem Fall in Frage zu stellen gewesen. Dass die Bestellung bis 2021 verlängert wurde, verwundert.
In Anlage 1 des Gutachtens (Seite 60) gibt Herr Mahringer an die Tage vom 01.02.2017 – 03.02.2017 mit Literaturstudium verbracht zu haben. Ich schlage vor, das BVwG sollte zumindest die Kosten für diese 3 Tage zurückfordern!