I scheiß auf dei‘ Kultua!!

 

Ein junger Afghane versuchte im Verlaufe eines fast 7-stündigen (!) „Interviews“ dem Vernehmungsbeamten zu erklären, warum er sich in einer bestimmten Situation so und nicht anders verhalten habe, und sagte nach längerem Hin und Her (weil es über den Dolmetsch offenbar nicht funktioniert hatte) in einwandfreiem A2-Deutsch„Das ist in unserer Kultur eben so.“ – Darauf der entnervte Beamte: „I scheiß auf dei‘ Kultua!!“

Begleitperson: „Das protokollieren Sie jetzt bitte!“
Die Stilblüte fand sich dann natürlich nicht im Protokoll

Apodiktische Sicherheit

 

Der Asylwerber hat lediglich angegeben keine Verwandte in Afghanistan zu haben bzw. zu kennen, da die Eltern vor seiner Geburt aus Afghanistan geflohen sind.

Auch wenn nicht mit apodiktischer Sicherheit festzustellen war, dass Sie tatsächlich über Netzwerke in Afghanistan und insbesondere in Kabul verfügen, so kann aufgrund der festgestellten Tatsache, dass Sie als Person absolut unglaubwürdig sind, mit gutem Grund davon ausgegangen werden, dass Sie zumindest in Afghanistan, vielleicht sogar in Kabul über Netzwerke verfügen, umso mehr Sie andernfalls ja keine konstruierten Angaben in Bezug auf Ihre persönlichen Lebensumstände und die Verwandtschaftsverhältnisse offensichtlich bloß in den Raum gestellt hätten.  Konsequenter Weise und im Sinne eines fairen Asylsystems, in dem sämtliche Asylwerber unter gleichen Voraussetzungen auch mit dem selben Ergebnis rechnen dürfen, kann demnach aus Ihrem bloß vorgetäuschten Familienverhältnissen auch kein Vorteil für Sie entstehen.

Übersetzung:

  • Wir haben keine Ahnung ob sie Verwandte in Afghanistan haben oder nicht.
  • Aber weil Sie unglaubwürdig sind, kann davon ausgegangen werden, dass Sie Familie in Afghanistan, vielleicht sogar in Kabul haben.
  • Denn wenn sie keine Familie in Kabul hätten, dann hätten Sie uns ja keine Lügengeschichten über Familienverhältnisse offensichtlich bloß in den Raum gestellt. (Den Teil versteh ich nicht so ganz, ich glaub da ist der Beamte a bisserl gestolpert. Vielleicht meint er “ Weil Sie ein Lügner sind, glauben wir nicht, dass Sie keine Familie in Kabul haben, und wir wissen, dass Sie ein Lügner sind, weil Sie behaupten, keine Familie in Kabul zu haben.“)
  • Weil wir hier ein faires System fahren, und sie gesagt haben, dass Sie keine Familie in Afghanistan/Kabul haben, kriegen sie ein Njet

Cool oder?

So tun als ob

 

Geht scho, da tust a bisserl so als ob du beten würdest, des fällt eh keinem auf.

Es ist jedenfalls einem Atheisten zuzumuten, den Schein zu wahren und sich, ohne in besonderer Weise viel Einsatz zeigen zu müssen, ein wenig an die Traditionen der islamischen Glaubensgemeinschaft zu halten.“

Romeo und Julia

 

Die klassische Bildung des Beamten scheint noch nicht ganz abgeschlossen zu sein. Hätte er Faust gelesen, wo Gretchen ihr Kind umbringt, oder Romeo und Julia, hätte er folgenden Satz wohl nicht geschrieben:

Da sowohl Sie als auch Ihre behauptete Ehegattin, mit Sicherheit von den Strafen welche eine solche Beziehung nach sich ziehen würde, gewusst haben, ist auch eine solche Beziehung ohne Einverständnis der Eltern nur schwer vorstellbar.“

Die vollen Gefängnisse zeugen weltweit dafür, dass das Wissen über eine Strafe nicht unbedingt von der Durchführung der Tat abhält.

 

Wie bitte?

 

 

„Als Ihnen seitens der Behörde vorgehalten wurde, dass Sie mit diesem Vorbringen nicht der erste Fall sind, haben Sie keine plausible Antwort gegeben, sondern versuchten sich Zeit [zu] verschaffen, indem Sie sich
den Vorhalt nochmals anhören ließen und brachten aber selbst danach, keine Entkräftung dieses Vorhalts vor(siehe EV Seite 12), was die Behörde zu der Erkenntnis kommen lässt, nicht so falsch mit dieser Beurteilung zu liegen, da eine Person welche diesen Fluchtgrund tatsächlich hat, vielmehr dem Vorhalt widersprechen würde, was Sie aber gänzlich unterließen.“

Nach dieser Logik dürften keine zwei Rohingya den selben Fluchtgrund angeben. Be dem Vorwurf, meine Aussage könne nicht war sein, weil ein anderer schon denselben Fluchtgrund hatte, hätte ich auch um eine Wiederholung der Frage gebeten.

Eine starke Bindung

 

Also was war jetzt die starke Bindung zum Heimatstaat nochmal?

Sie verfügen über starke Bindungen zum Herkunftsstaat: Sie sind in Afghanistan geboren und haben dort ihre ersten beiden Lebensjahre verbracht.“

Die mehr als zwei jahre, die der Asylwerber in Österreich verbracht hat, reichen hingegen nicht aus, um irgendeine Bindung zu erwirken.

Eine perfide Verweigerung

 

Aus einem Beschwerdebrief eines Asylwerbers an das BFA in Wiener Neustadt:

Weiters möchte ich bekanntgeben, dass ich bei der Einvernahme Fotos von Dokumenten einreichen wollte, die beweisen, dass mein Bruder als Dolmetscher für die US-Armee in XXXX gearbeitet hat und dass er daraufhin im Rahmen eines Schutzprogramms ein Aufenthaltsrecht in den Vereinigten Staaten bekommen hat. Der Referent weigerte sich, diese Fotos zu meiner Akte zu legen. Die Ablehnung dieser Dokumente wurde NICHT protokolliert. Außerdem wurde eine Kopie (Foto) eines Briefes der US Armee (XXXX, Forward Operating Base XXXX), der klar darlegt, dass nicht nur mein Bruder, sondern seine ganze Familie, bedroht wurden, nicht entgegengenommen.

Zur Info: Bei einer 2. instanzlichen Verhandlung  vor dem BVwG kann ein neuer vorgebrachter Fluchtgrund als „Steigerung“gewertet werden und damit das Verfahren wegen Unglaubwürdigkeit gefährden. Dem Asylwerber wird vorgeworfen, er hätte doch die Möglichkeit gehabt diese Informationen bei der Einvernahme vor dem BFA anzugeben.

Aber, was nicht im Akt ist …

Perfide!

Lauter Blödsinn

 

Stellungnahme eines Asylwerbers zur Einvernahme beim BFA:

„Wie die Vertrauensperson, Frau XXXX, die mich bei der Einvernahme begleitet hat bezeugen wird, bat ich am Ende der heutigen Einvernahme in XXXX um eine Kopie der Länderfeststellung, sowie um eine 2-wöchigen Frist zur Einreichung einer Stellungnahme. Der Referent, XXXX, weigerte sich mir diese Frist zu gewähren. Als Begründung gab XXXX an „Es ist überall anders. Ich mache das nicht.

„Auch eine Kopie der Länderfeststellung wurde mir (mit folgender Erklärung an meine Vertrauensperson, XXXX) verweigert: „Das sind 206 Seiten mit lauter Blödsinn. Was will er damit machen?

Statt einer Kopie ließ der Referent den Dolmetscher den Inhalt der Länderfeststellung mündlich zusammenfassen. Diese Zusammenfassung wurde nicht protokolliert.

Die Zusammenfassung beinhaltete:

  1. Kabul ist sicher.
  2. Da Kabul sicher sei, könne man mir keinen positiven Bescheid geben.

Verein oder Partei

 

Einvernahme:
Referent: Sind sie Mitglied in einem Verein?
Dolmetscher: Sind sie Mitglied in einer politischen Partei?
Asylwerber: Nein


Protokoll:
LA: Sind Sie Mitglied In einem Verein, oder einer Organisation hier in Österreich?

AW: Nein.

Der Asylwerber ist Mitglied der lokalen freiwilligen Feuerwehr und besucht mehrmals wöchentlich einen Sportclub. Aber er hat ja nicht gewusst, dass er danach gefragt wurde.

Die nicht gestellte Frage

 

Referent: Wie sieht ihr soziales Umfeld in Österreich, Freunde, Bekannte aus?
Asylwerber. Es gefällt mir sehr gut hier. Ich habe sehr viel Zeit zum Fernsehen. Das mache ich gerne.
Referent: Gehen sie einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach, helfe[n] sie bei einer Organisation oder einer kirchlichen Gemeinschaft mit?
Asylwerber: Nein, für so etwas habe ich wirklich keine Zeit. Ich schaue sehr viel Fern. Das ist mir wichtig.

Leider so nie passiert! Der Vorfall wurde sogar zur parlamentarischen Anfrage  des Abgeordneten Alev Korun, denn dem Asylwerber wurden diese Fragen nie gestellt. In der Unterkunft gibt es nicht einmal einen Fernseher.

Das wird noch besser – viel besser sogar!

Ex-Minister Sobotka hat in seiner Beantwortung darauf hingewiesen, dass ein Ermittlungsverfahren am Tag nach dem Zeitungsartikel (oe24.) in der Zeitung „Österreich“ vom 02.07.2017 eingeleitet wurde und verweist auf die laufenden Ermittlungen bzgl. weiterer Fragen. Die Frage nach konkreten Zahlen der Regionaldirektionen des BFA zu erstinstanzlichen Gewährungen und Ablehnungen beantwortet der Minister mit den Worten:

Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine monokratische Behörde ist, liegen keine Zahlen zu Entscheidungen aufgeschlüsselt nach Bundesländern auf.
Mag Wolfgang Sobotka

Wikipedia definiert das Wort „Monokratie“ folgendermaßen:

Monokratie (griechischmono ‚allein, einzeln‘, krateîn ‚herrschen‘) ist der Oberbegriff für Organisationsformen der Alleinherrschaft „innerhalb einer sozialen oder politischen Einheit (Gruppe, Organisation, Staat)“,[1] bei denen die tatsächliche oder formelle letzte Entscheidungsgewalt bei lediglich einem Menschen liegt. Sie „bezeichnet ein Organisations- und Zuständigkeitsprinzip, bei dem die Führungs- und Entscheidungsgewalt nur von einer Person ausgeübt wird, die auch die Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen trägt (monokratische Führung)“

Damit besiegelt der Minister genau das Problem. „Ich sag was geht und ich muss niemanden Rechenschaft liefern“.

Sorry, aber eine solche Argumentation  ist unzulässig und höchst fragwürdig. Das BFA arbeitet in dem besonders sensiblen Bereich der Menschenrechte. Siehe dazu ein Zitat aus einer parlamentarische Anfragebeantwortung  des Ministers Wolfgang Sobotka vom Nov 2017:

Bei Entscheidungen über freiheitsentziehende Maßnahmen wird aufgrund des Eingriffes in die persönliche Freiheit ein besonders strenges Ausbildungsregime [..] angelegt

Was bleibt ist Bestürzung, Unglaube, der Wunsch nach einem besser geschulten Minister und ein Vertrauensverlust in die Rechtsstaatlichkeit.